The Warriors of Hope –
Entstehungsgeschichte verfasst
von Jean-Claude Falk im Dezember 2004 Der 1. Januar 1996
brachte viel Regen und Graupelschauer mit sich. Etwa um drei Uhr begab ich
mich zum Hauptbahnhof von Cluj, doch schon in der
Ankunftshalle erfuhr ich, dass die direkte Strecke nach Budapest wegen einer
Überschwemmung gesperrt war. Situationsbedingt blieb mir nichts anderes
übrig, als über einen Umweg nach Ungarn zu gelangen. Die geänderte Reiseroute
führte mich in die rumänische Grenzstadt Arad, wo
ich einen mehrstündigen Aufenthalt hinter mich bringen musste. Der
heruntergekommene, verlassene Bahnhof von Arad
erwartete mich mit einer üblen Stimmung, die wenigen, finsteren Gestalten
flössten mir Angst ein. Ich hatte Hunger, doch das Bahnhofbuffet war während
der Feiertage geschlossen. Leidvoll setzte ich mich in eine Ecke auf den
Boden. Nach einer halben Stunde Trübsal blasen wurde ich von einer Schar
Strassenkinder entdeckt, die sich mir langsam näherten und mich hungrig um
ein paar Almosen baten. Ich schlug vor, sie in ein Restaurant einzuladen.
Dieses Angebot liessen sich die Kinder natürlich nicht entgehen, und schon
wenig später fanden wir uns in einem gemütlichen Restaurant wieder, das ich
ohne die ortskundige Hilfe meiner Begleiter kaum gefunden hätte. Meine
geladenen Gäste in zerlumpten Kleidern waren alle Romakinder
im Alter von 10 - 14 Jahren. Mir fiel auf, wie sie trotz ihres freundlichen
Verhaltens eher misstrauisch waren. An diesem Abend konnte ich nicht viel
über sie und ihre Situation herausfinden, doch ich begriff, dass sie in einer
für mich bis anhin fast unvorstellbaren Armut lebten. Meine kleinen Gäste
baten mich, so bald wie möglich nach Arad
zurückzukehren um ihnen irgendwie zu helfen. Ich beschloss, in der Schweiz
gebrauchte Kleider zu sammeln, und versprach ihnen, die Kleider bis
spätestens im Frühjahr zu überreichen. Erst am frühen
Morgen verliess mein Zug mit einiger Verspätung den Bahnhof. Während ich
langsam auf die rumänische Grenze zufuhr, erkannte ich draussen umrisshaft
die grauen Wohnblöcke von Arad. Ich wurde sehr
nachdenklich. Wer gibt mir das Recht, besser zu leben als die Strassenkinder
von Arad? Ist es nicht meine Pflicht, mit den
Armen, insbesondere mit den Kindern, meine Privilegien zu teilen? Im April kehrte ich
dann nach Arad zurück. Stundenlang streifte ich
durch die Stadt, ehe ich die Kinder gefunden hatte. Ich entdeckte sie in
einem Park, wo sie sich mit der Schnüffeldroge Aurolac
volldröhnten. Wir verbrachten den restlichen Tag
miteinander, spazierten in der Stadt umher und gingen zusammen essen. Am
Abend setzten wir uns in einen Park und plauderten miteinander, während mein
mitgebrachtes Kassettengerät nebst Songs von Santana und Tracy Chapman einige Hip-Hopbeats von
Sens Unik wiedergab. Nicht nur mir, auch den
Kindern schien diese Musik zu gefallen, und im Verlauf dieses Abends hatte
ich das erste Mal das Gefühl, dass wir uns ein wenig nähergekommen
waren. Am nächsten Tag
begab ich mich um zwölf Uhr zum Bahnhof, wo ich mich mit den Kindern
verabredet hatte. Dort angekommen traf ich jedoch nur auf Dan, der mir
erzählte, dass seine Freunde aus Angst vor einer Falle nicht zum vereinbarten
Treffen gekommen waren. Dan war anscheinend das
einzige Kind, dessen volles Vertrauen ich genoss, was er mir auch bestätigte.
Wir beschlossen, die anderen Kinder zu suchen. Während wir zusammen durch Arad zogen, erzählte er mir ein wenig von sich und seinem
Umfeld. Ich erfuhr, dass er
zusammen mit seiner Mutter und drei weiteren Brüdern in Khekheci,
einem slumartigen Quartier in Arad, in einer Art
Baracke wohnt. Seine Mutter, so berichtete weiter, mag er sehr gerne, leider
jedoch ist sie wegen einer chronischen Krankheit nicht in der Lage, ihm sein
täglich Brot zu garantieren. Daher ist er gezwungen, seine Ernährung fast immer
selber zu organisieren. Manchmal greift er zur Droge Aurolac,
die ihn Hunger und Wirklichkeit wenigstens für ein paar Stunden vergessen
lässt. Ich fand heraus, dass er nur bis 35 zählen kann, denn die Schule hatte
er bis zu unserem Zusammentreffen nur ein paar Wochen besucht. Dan erzählte mir aber auch von vergangenen, schönen
Zeiten, von seiner Liebe zur Musik und von seinen Träumen. Während ich Dans
Erzählungen zuhörte, ahnte ich, dass dieser Tag der Beginn einer wundervollen
Epoche war. Nach und nach trafen
wir auf die anderen Kinder. Als unsere Gruppe komplett war, begann ich mit
der Kleiderverteilung. Über ihre neusten Errungenschaften freuten sich die
Kinder sehr, und mit einer fröhlichen Schar begaben wir uns zu einem Picknick
im Park. Während des Essens fragte ich die Kinder, ob sie Lust hätten, mit
mir im Sommer in ein Zeltlager nach Costinesti am
Schwarzen Meer zu fahren. Auf dieses Angebot reagierten sie anfangs eher
ablehnend, doch als Dan sie von den Vorteilen solcher Ferien überzeugte, willigten
sie ein. Nach zwei Tagen
Aufenthalt in Arad reiste ich nach Cluj, das etwa vier Stunden von Arad
entfernt liegt. Überglücklich sass ich im Zug und fuhr quer durch Rumänien.
Endlich durfte ich aus eigener Kraft etwas gegen die Armut auf dieser Welt tun.
In Cluj angekommen, erzählte ich meinen Freunden in der transilvanischen Stadt von meinen Erlebnissen, die diese
Neuigkeit mit grossem Erstaunen entgegennahmen. Auch Remus, mein Patenkind,
freute sich sehr über die Geschehnisse. Remus feierte in diesem Jahr seinen
sechzehnten Geburtstag. Als ich ihn 1992 im Rahmen von meinen damaligen
Interrailferien das erste Mal traf, fand ich ihn in sehr armen Verhältnissen
bei seiner Mutter lebend. Damals konnte Remus weder Lesen noch Schreiben,
auch er war gezwungen, sein Dasein zumindest tagsüber auf der Strasse zu
fristen. Ich beschloss, Remus‘ Familie mit einem monatlichen Betrag zu
unterstützen und Remus zur Schule zu schicken. Der Freund von Remu’s Mutter, seine Schwester und Remus selbst
entschlossen sich spontan zur Teilnahme am geplanten Sommerlager. Remus
bestand darauf, dass sein bester Freund Arthur und seine jüngere Schwester
Helena ebenfalls an diesem Vorhaben teilnahmen, dagegen hatte ich nichts
einzuwenden. Ich wusste, dass Remus und seine Freunde wertvolle Helfer sein
würden, und so konnte ich mit gutem Gewissen mit der Organisation des Lagers
beginnen. Mitte Juli war es
dann soweit. Kurz vor der Abreise in Zürich wurde mir ein wenig mulmig zu
Mute, denn ich übernahm das erste Mal in meinem Leben die alleinige
Verantwortung für einige Kinder. In Arad traf ich zunächst auf Remus und seine Begleiter.
Zusammen machten wir uns auf die Kindersuche. Im Gegensatz zum letzten Mal
wurde ich von den Kindern mit grosser Freude begrüsst, vor allem Dan war an
diesem Abend überglücklich. Unsere Gruppe bestand nun aus sieben Kinder, zwei
Jugendlichen und drei Erwachsenen. Die Fahrt von Arad nach Costinesti dauerte
vierzehn Stunden. Die Reise verlief sehr friedlich, während der Zugfahrt
unterhielten wir uns mit Karten- und anderen Spielen. Der blaue,
wolkenlose Himmel von Costinesti und das milde
Klima sorgten für eine heitere Ferienstimmung von Anfang an. Die flache,
üppige Landschaft um uns herum und die schnuckligen
Häuser liessen uns beinahe glauben, auf einem anderen Planeten gelandet zu
sein. Vom Bahnhof aus führte uns ein Einheimischer zu einem äusserst
preiswerten Campingplatz. Das meiste Gepäck, das wir von der Bahnstation zum
Zeltplatz tragen mussten, nahmen die Kinder an sich, so dass mir nur noch ein
kleiner Rucksack blieb. Als ich ihnen beim Tragen helfen wollte, vertrieben
sie mich beleidigt. Unser kleiner
Zeltplatz, der etwas ausserhalb vom Dorf lag, war nicht gerade luxuriös, doch
alles war vorhanden, was wir benötigten, und abgesehen von dem doch eher
unflätig riechenden Lokus konnten wir uns wirklich sehr glücklich schätzen.
Gemeinsam stellten wir die Zelte auf, begrüssten unsere künftigen
Campingnachbarn und verspeisten ein bodenständiges Dinner unter freiem
Himmel. Nach dem Einbruch
der Nacht begaben wir uns ins Feriendorf. Als wir gerade losmarschierten,
zeigte sich am Himmel ein gigantisches Feuerwerk, das etwa zehn Minuten
andauerte. Später erfuhren wir, dass an diesem Abend über dem Meer ein
Werbefilm gedreht wurde und zu diesem Zweck das Feuerwerk veranstaltet wurde.
Ich hatte jedoch die starke Vermutung, dass dieses Lichtspektakel kein Zufall
war und irgendwie ahnte ich, dass unser Camp unter einem guten Stern stand. Während der
folgenden Tage schliefen wir uns kräftig aus. Nach einem währschaften
Frühstück begaben wir uns meist ans Meer. Dem türkisblauen, klaren Wasser
konnten wir kaum widerstehen und so stürzten wir uns fast täglich in die
angenehm warmen Fluten. Wir planschten, spielten Ball oder schaukelten mit
Luftmatratzen auf den sanften Wellen. Den Vorabend verbrachten wir in der
Lagerstätte, wo wir Theaterstücke improvisierten oder Fussball spielten. Nach
Sonnenuntergang machten wir uns auf den Weg ins Dorf, um dem abendlichen
Treiben von Costinesti beizuwohnen.
Strassenkünstler, Zirkusvorstellungen oder andere kulturelle Veranstaltungen
liessen die späten Stunden wie im Fluge vergehen. Die schönsten Abende
verbrachten wir jedoch am Lagerfeuer bei Musik, wo wir uns lustige,
unheimliche oder traurige Geschichten erzählten. Das Wichtigste war
jedoch, dass in unserem Camp alle gleich viel Verantwortung zu tragen hatten,
sowohl die Kinder als auch die Erwachsenen. Die Lagerregeln wurden von allen
bestimmt, was auch dazu führte, dass sie von allen eingehalten wurden. Ich
bin mir sicher, dass die Mitbestimmung der Regeln auch der Hauptgrund war,
weshalb die Kinder während der ganzen Woche nicht im Geringsten das Bedürfnis
nach Aurolac verspürten. Die Gleichberechtigung
sorgte aber vor allem für das gegenseitige Vertrauen, dass ohne Zweifel täglich
wuchs. Dadurch erfuhr ich immer mehr von den Kindern und ihrem Dasein in Arad. Alleingelassen irren sie oft tagelang mit
knurrendem Magen in ihrer Stadt herum. Manchmal finden sie Gelegenheit, etwas
zu verkaufen, obwohl sie sich dabei kaum mehr als eine Hand voll Reis
verdienen. Sie sehen den Reichtum einiger weniger Leute in ihrer Stadt und
fragen sich, warum gerade sie hungern müssen. Von der rumänischen
Gesellschaft werden sie ausgestossen und von der Polizei geschlagen. Die
Schule haben sie längst verlassen, weil die rumänischen Romakinder
als dumm und lernunfähig eingestuft werden und meist schon in den ersten
Schuljahren in Klassen für geistig Behinderte geschickt werden. Diese und andere
Tatsachen machten mir klar, dass sich mit einer Lagerwoche die gegenwärtige
Situation der Kinder kaum verändern wird. Daher beschloss ich, den Aufbau
einer schon seit längerem geplanten Kinderwohngruppe in Rumänien bald
Wirklichkeit werden zu lassen, um den Kindern den Weg in eine hoffnungsvolle
Zukunft zu ebnen. Auch die Kinder im Lager wünschten sich einen Ort, der
ihnen ein angenehmes zu Hause bietet und an dem sie so akzeptiert werden, wie
sie sind. Remus und seine
Freunde entschlossen sich, mir beim Aufbau einer Wohngruppe tatkräftig zur
Seite zu stehen. Sie verstanden sich ausgezeichnet mit den Kindern und
leisteten grossartige Hilfe, die zweifellos grundlegend zum reibungslosen
Ablauf des Lagers beitrug. Unsere Ferienwoche
war schnell vorbei. Während die Kinder auf der Rückfahrt wunderschöne
rumänische Volkslieder sangen, zog ich eine kleine Bilanz. Für uns alle
bedeutete das Lagererlebnis eine schöne, fast paradiesische Zeit, die uns
wohl noch lange in Erinnerung bleiben wird. Die Kinder fanden neuen Mut und
durften zum ersten Mal seit langer Zeit die Hoffnung auf ein besseres Leben
schöpfen. Der Abschied in Arad fiel uns nicht leicht. Es flossen Tränen, nicht nur
auf Seiten der Kinder, doch wir alle trennten uns mit der Zuversicht, dass
sich eines Tages alles zum Besseren wenden wird. Nach einigen weiteren
Lagern mit den Kindern hat unser Projekt Gestalt angenommen. Die meisten
Kinder der damaligen Feriengruppe haben ihr neues Zuhause in unserer im
Januar 98 eröffneten Wohngruppe gefunden. Die Kinder wurden von da an bei
einer Pflegefamilie rund um die Uhr betreut, die BetreuerInnen
legen jedoch sehr viel Wert auf die Selbständigkeit der Kinder. Die
Ausgangslage war für die Wohngruppe allerdings alles andere als einfach. Zu
Beginn dieses Jahres litten die Kinder durch einstiges Schnüffeln der Droge Aurolac an Lungenerkrankungen, darüber hinaus wurde klar,
wie gewaltbereit die Kinder waren. Raufereien untereinander oder Gewalt gegen
in der Nachbarschaft wohnenden Kinder wurden immer mehr zur Gewohnheit. Die
Raufereien wurden vor allem von unserer herzensguten Maria bedauert, sie
begriff jedoch, dass die Kinder das harte Leben auf der Strasse nicht einfach
so in wenigen Wochen vergessen konnten. Trotzdem, so gewaltbereit die Kinder
auf der einen Seite waren, so gutherzig, freundschaftlich und goldig konnten
sie sich auf der anderen Seite zeigen. Geduld, liebevolles
Verständnis und einen kühlen Kopf von Maria und den anderen BetreuerInnen führte schliesslich dazu, dass die Kinder
nach einem halben Jahr immer weniger in Raufereien verwickelt waren und es
heute gar nicht mehr sind. Auch ein anderes Problem löste sich im Sommer
1998: Dank intensiver ärztlicher Betreuung wurden die Kinder gesund. Eine
andere harte Nuss galt es jedoch noch zu knacken: Fast alle Kinder verfügten
über keine persönlichen Dokumente (Geburtsurkunden, Identitätskarten usw.),
da sie von ihren Eltern bei der Geburt nie registriert worden sind. Die
Zusammenarbeit mit den Behörden verlief diesbezüglich sehr harzig, doch mit
kleinen Schritten kamen wir unserem Ziel immer näher und die meisten der
Kinder erhielten mit der Zeit ihre Ausweispapiere. Wenn ich in Zürich
bin, denke ich oft an meine Freunde in Rumänien. Es fällt mir nicht leicht, mitanzusehen, wie einige Menschen hierzulande gedankenlos
in Luxus schwelgen, während in Rumänien und andernorts Kinder hungrig durch
die Strassen ziehen. Doch ich bin nicht alleine mit meinen Gedanken; Zusammen
mit einigen meiner Freunde gründete ich die Schweizer Stiftung "Warriors of Hope". Um die Wohngruppe zu
finanzieren, veranstalten wir Benefizanlässe, sammeln Spenden, versuchen bei
öffentlichen Stellen finanzielle Zuwendung zu erhalten oder verkaufen an
Standaktionen Bastelbögen und Kuchen. Im Herbst 1998 organisierten wir die
erste "DubnBass" in der Roten Fabrik
Zürich, heute findet diese Partyreihe zusammen mit anderen Veranstaltungen
wie "Kingston Vibration" oder "Electrotec"
fast einmal im Monat erfolgreich und gut besucht statt. Die Einnahmen dieser
Veranstaltungen gehen ausschliesslich zu Gunsten unseres Projekts in
Rumänien. Ende November 98 wurde unser Projekt von der "ExpertInnenkommision des Bundes für Jugendprojekte in der
GUS und in Osteuropa“ besucht, die Besucher waren tief beeindruckt von
unserem Einsatz in Rumänien, ein guter Bericht liess demzufolge nicht lange
auf sich warten. Im Mai 1999 wurde unserem Antrag um finanzielle Hilfe zum
Aufbau eines Jugendtreffs in Cluj von der ExpertInnenkommision stattgegeben. Im Oktober 2000
wurde der Jugendtreff Cluj eröffnet. Bald schon
tummelten sich dort Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 18 Jahren, und
abgesehen davon, dass die Kinder und Jugendlichen Breakdance-
oder Computerunterricht erhielten, hatten sie die Möglichkeit, sich einmal im
Tag mit einer warmen Mahlzeit zu verpflegen. Ende Juni 2002 kündigten wir das
damalige Mietverhältnis für den Jugendtreff, da das
Preis-/Leistungsverhältnis nicht mehr stimmte. Kurze Zeit später hatten wir
eine Lokalität in einem Vorort von Cluj gefunden,
die sich für die Weiterführung vom Jugendtreff ausgezeichnet eignet. Das neue
Kinder- und Jugendhaus Lichtblick bietet bessere Platzverhältnisse für
erweiterte Computerkurse und einen grossen Garten, um Gemüse und Früchte
anzubauen. Im Lichtblick integriert
sind Schlafplätze für von familiären Krisensituationen betroffene Kinder und
Jugendliche. 2004 wurde der Lichtblick um ein zusätzliches Gebäude mit
Schlafplätzen erweitert. Da sich nun alle festen Schlafplätze im Lichtblick
befinden sind die Kinder der Wohngruppe nun ins Lichtblick umgezogen und die
Lokalität der Wohngruppe wurde in eine Anlaufstelle umfunktioniert. Die
Anlaufstelle bietet Kindern und Jugendlichen Beratung, Gratismahlzeiten oder
eine temporäre Bleibe. Im September 2004 erhielt unser Rumänienprojekt vom
Strassenmagazin Surprise Besuch. Mit einem guten
Bericht im Surprise Nr. 91 wurde für The Warriors of Hope ein
weiterer Meilenstein gesetzt. Das Wichtigste ist
jedoch, dass die Kinder und Jugendlichen durch unsere Betreuung ein soziales
Umfeld erhalten, was im Moment in Rumänien von grosser Bedeutung ist. Die
Eltern vieler Jugendlicher sind vielfach mit zwei Jobs beschäftigt – bei
einem Durchschnittseinkommen von rund CHF 250.-- pro Person und Monat reicht
aber auch dies nur gerade für das Überlebensnotwendigste. Viele Eltern sind
somit schlichtweg nicht mehr in der Lage, ihre Kinder richtig zu ernähren,
geschweige denn sie fürsorglich zu betreuen. Solche Kinder und Jugendliche
finden keinen Halt in der Gesellschaft – und werden kriminell und
gewalttätig. Immer mehr Familien sind zudem gezwungen, ihre Wohnungen zu
verlassen, weil sie ihre Mieten nicht mehr zahlen können oder ihre Wohnungen
verkaufen müssen. Diesen Familien bleibt dann nichts anderes übrig, als in
Behausungen zu leben, die nicht einmal mehr die Bezeichnung als Bruchbude
verdienen. In unserer Anlaufstelle finden sich immer mehr Jungen und Mädchen
ein, die von solchen Problemen betroffen sind – aber auch Kinder und
Jugendliche, die von zu Hause weglaufen, weil sie dort geschlagen worden sind
oder sich von ihren Eltern einfach nicht genug unterstützt fühlen. In solchen
Fällen versucht unsere Heimleitung, mit den Eltern Kontakt aufzunehmen und im
Elternhaus ein Klima für die Jugendlichen zu schaffen, damit sie wieder nach Hause
zurückkehren können. Manchmal braucht es
aber nur einige liebevolle Worte, um die Jungen und Mädchen, zumindest für
einige Stunden, glücklich zu stimmen. Bei uns dürfen sie ihre Seele baumeln
lassen, sie werden so akzeptiert, wie sie sind, und vor allem; sie werden
verstanden. Das bedeutet unseren Kindern und Jugendlichen sehr viel, es lässt
sie Hoffnung schöpfen, es lässt sie Perspektiven sehen, vielleicht sogar
bewirkt dieses Verstandenwerden einmal einen Lebenslauf ohne
Zukunftssorgen... Seit dem Aufbau hat
unser Projekt Höhen und Tiefen erlebt. Zeitweilig wussten wir finanziell
weder ein noch aus, doch nie hat uns die Hoffnung verlassen, dass wir unser
Ziel erreichen werden. Wir sind Kämpfer für die Hoffnung, und kämpfen dafür,
dass unsere Freunde in Rumänien, die einst in bitterer Armut lebten, ein
menschenwürdiges Dasein führen können. Würden mehr Leute so denken und
handeln, so gäbe es vielleicht bald einmal keine Kriege, keine Armut und
keine Gewalt mehr. Ohne grundlegende gesellschaftliche Veränderungen werden
wir niemals ohne Hunger, Elend oder beispielsweise erdrückende Sorgen leben
können. Damit diese Veränderungen jedoch stattfinden können, braucht es viele
grosse und kleine Projekte, die zusammen den Grundstein für eine Gesellschaft
ohne Ängste bilden. Unsere Traumwelt, in der Liebe, Gerechtigkeit und Frieden
Realität sind, wird, zumindest im Moment, eine Utopie bleiben. Mit unserem
Projekt möchten wir jedoch ein Zeichen setzen und unsere Träume ein kleines
Stück Wirklichkeit werden lassen… |
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